Heinz Gilomen
Ältere
Arbeitnehmende werden auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert. Das müssen wir ändern.
Zu fordern ist ein Recht auf Arbeit ab 50+ und eine erweiterte
Arbeitslosenversicherung. Finanziert werden soll das durch die Unternehmen, welche
unterdurchschnittliche Quoten an älteren Arbeitnehmenden aufweisen.
Bundesrat Johann Schneider-Amman lädt
am 27. April 2015 zu einer Nationalen Konferenz „ältere Arbeitnehmende“, ein.
Es ist eine sogenannt geschlossene Konferenz, das heisst, es können nur
Organisationen daran teilnehmen, die dem Departementschef Wirtschaft, Bildung und Forschung genehm sind. Ziel der Konferenz
ist, dass „Arbeitnehmende auch nach
Überschreiten des 50sten Altersjahres im Arbeitsmarkt integriert bleiben“, meint der
Bundesrat.
Diskriminiert
und bestraft. Korrekturen auf dem Arbeitsmarkt
sind auch dringend nötig.
Aus vorgeschobenen Spargründen
oder anderen Vorbehalten werden ältere Arbeitnehmende zum Teil systematisch gemobbt,
mit Lohnkürzungen konfrontiert oder direkt auf die Strasse gestellt. Obschon
die Wissenschaft die vermeintlich geringere Leistungsfähigkeit Älterer schon
längst als reine Vorurteile entlarvt hat (J.Wegge und F. Jungmann 2015), wird weiterhin eben mit dieser Begründung
entlassen und rausgestellt. Die Entwicklung der Erwerbsquote, wie sie vom Bundesamt für Statistik und von der OECD dargestellt wird, spricht eine deutliche
Sprache:
Zwischen der Altersgruppe der 40-54 Jährigen und jener der
60-64 Jährigen sinkt die Erwerbsquote dramatisch: gegen 30% der Erwerbstätigen
verschwinden aus dem Arbeitsmarkt. Die Betroffenen werden nicht etwa vom
Faulenzer-Virus befallen oder haben in der Lotterie gewonnen. Sie landen
vielmehr in der Langzeit-Arbeitslosigkeit, in der Invalidität (wo sie als
Schein-Invalide beschimpft werden), in der Sozialhilfe (wo sie als Sozialschmarotzer
unter Druck kommen) oder in der vorzeitigen Pensionierung. Dabei ist in diesen
Zahlen noch nicht einmal die hohe Quote der (prekären) Selbständigen enthalten,
die verzweifelt ihre eigene Firma gründen, dabei vielfach ihr erspartes
Pensionskassengeld einsetzen und kaum je auf einen wirklich grünen Zweig
kommen.
Die wichtigste Konsequenz solcher verfehlter Personalpolitik
sind die daraus resultierenden substantiellen Rentenkürzungen. Die weit
verbreitete Altersarmut wird unter anderem in dieser Lebensphase vorbereitet.
Oder etwas plakativer gesagt: Die Opfer dieser Diskriminierungen belasten nicht
nur die andreren Sozialwerke, sondern werden schliesslich auch noch selber
bestraft.
Die Situation ist besonders prekär für Migrantinnen und
Migranten, für Frauen sowie für Menschen mit wenig nachobligatorischer Bildung,
wobei sich diese Kategorien oft überschneiden. Wie immer sind es die
Schwächsten dieser Gesellschaft, die benachteiligt werden. Die eigentlichen
Verursacher, die Unternehmen, werden nicht zur Verantwortung gezogen.
Verursacher zur
Rechenschaft ziehen. Das
müssen wir ändern. Wenn man uns schon ständig mit höherem Rentenalter droht,
kehren wir doch einfach den Spiess um und fordern ein Recht auf Arbeit ab 50. Wer
gegen seinen Willen aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wird, hat beispielsweise Anrecht
auf eine erweiterte Arbeitslosen-Entschädigung während mindestens 5 Jahren.
Dabei werden auch die Pensionskassen-Beiträge im bisherigen Umfang weiter einbezahlt.
Die älteren Arbeitnehmenden erhalten besondere Unterstützung bei der
Stellensuche. Die Finanzierung dieser erweiterten Arbeitslosenversicherung
erfolgt durch die Unternehmen, welche unterdurchschnittliche Quoten an älteren
Arbeitnehmenden aufweisen.
Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand:
- · Es zieht jene Akteure zur Rechenschaft, die für die Situation auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich sind – die Unternehmen – und stoppt die Bestrafung der Opfer.
- Es spricht die Sprache, welche die Unternehmen auch verstehen: die ökonomische. Wer ältere Arbeitnehmende diskriminiert, muss bezahlen.
- · Das Modell ist einfach verständlich und praktisch ohne Mehraufwand realisierbar. Abgerechnet wird parallel zur AHV-Abrechnung der Betriebe und die erweiterte Versicherung wird durch die ALV betrieben. Es braucht keine Klagen oder Prozesse, keine Inspektoren und keine Mehr-Bürokratie.
- · Die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen wird weniger beschränkt als bei anderen Schutzmechanismen. Wird ein älterer Arbeitnehmender als ungeeignet für die Weiterbeschäftigung beurteilt, kann er (oder sie) ohne weiteres entlassen werden. Für die Unternehmen bleibt das ohne Folgen, wenn es erneut eine/n über 50-Jährigen anstellt. Aber auch den Arbeitnehmenden gibt es zusätzliche Freiheiten. Sie können z.B. neue Verträge, durch die sie schlechter gestellt werden, ablehnen, da ihr Arbeitslosenschutz verstärkt wird.
- · Der Arbeitsmarkt für die die älteren Arbeitnehmenden entspannt sich, weil die Unternehmen nun ein Interesse an der Beschäftigung Älterer haben.
- · Der verstärkte Schutz der Arbeitnehmenden funktioniert, ohne dass die öffentlichen Finanzen zusätzlich belastet werden. Im Gegenteil: Die übrigen Sozialwerke, insbesondere die IV und die Sozialhilfe, später auch die ALV werden entlastet.
- · Ein wichtiger Faktor der Altersarmut wird eliminiert, da die mit den Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbundenen Rentenkürzungen gestoppt werden.
- · Ältere Arbeitnehmende werden nun auch
unterstützt bei der Weiterbildung, da Unternehmen mit der Einführung des Rechts
auf Arbeit auch ein Interesse an gut ausgebildeten 50+ Mitarbeitenden haben.
Kurz, das Modell des Rechts auf
Arbeit ist einfach, wirksam und zieht die Verantwortlichen zur Rechenschaft. Es
muss jetzt nur noch möglichst schnell umgesetzt werden. Herr Bundesrat, Sie
sind am Ball!
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