AHV/IV beteiligen sich an der
Anschaffung von Hörgeräten. Allerdings werden dabei die Rentner diskriminiert.
Für sie sind offensichtlich Hilfsmittel auf dem Niveau von Hörrohren gut genug.
Kennen
Sie Patricia Kopatchinskaja? Die in Bern wohnhafte Violinistin spielt
Musik nicht nur, sie lebt sie. Und wenn sie über Musik spricht, spricht sie von
Emotionen, von Mystik, von Geschichten und Farben. Ihr zuzuhören ist ein reines
Vergnügen, ob sie nun Hayden, Bartok oder Prokofjew interpretiert oder Komponisten der
Neuen Musik wie Scelsi oder Ligeti vorstellt. Bei Musik, vor allem bei
Orchestermusik stelle ich mir vor, wie sich die einzelnen Töne verschiedener
Musikinstrumente eines Orchesters via unser Gehör zu eigentlichen
Klangskulpturen zusammensetzen und uns in allen Feinheiten das sinnliche Erlebnis
des Musikhörens ermöglichen. Das ist nicht
auf die sogenannt klassische oder E-Musik beschränkt,
wie etwa dieses Beispiel zeigt: http://concert.arte.tv/de/wacken-apocalyptica
Hörgeräte für die Beteiligung
am sozialen Leben. Allerdings lässt die Fähigkeit des
Gehörs bei Vielen mit zunehmendem Alter etwas nach. Es wird schwieriger, die
Finessen einzelner Tonfolgen zu erkennen, oder im Rahmen der Orchestermusik
einzelne Instrumentensoli zu unterscheiden. Und im Alltag haben viele ältere
Menschen Mühe, sich etwa am Gespräch in einer Gruppe zu beteiligen,
insbesondere wenn sie in einer geräuschvollen Umgebung erfolgt. Rückzug und
soziale Isolation sind nicht selten die Konsequenz.
Aber
zum Glück gibt’s ja Hörgeräte. Die haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten
gewaltige Fortschritte gemacht, sowohl in technologischer als auch in
ästhetischer Hinsicht. Es ist jetzt auch möglich, dass Menschen mit
Hörbehinderungen sich an Gesprächen beteiligen oder Musik geniessen können,
aber auch in der Lage sind, sich zu orientieren und etwa zu erkennen, aus
welcher Richtung ein Auto kommt.
Einsparungen auf dem Buckel der
kleinen Einkommen. Allerdings ist der Zugang zu solchen
Hilfsmitteln nicht für alle gleich einfach. Gute Hörgeräte, die auf komplexe
Beeinträchtigungen abgestimmt sind, kosten bald einmal mehrere tausend Franken.
So ist es auf den ersten Blick sehr willkommen, dass die IV bzw. die AHV einen
Kostenanteil übernehmen.
Gemäss
dem Tagesanzeiger vom 4. August 2014 gibt es
grundsätzlich für Hörgeräte einen Pauschalbetrag. So bezahlt die IV für
Erwerbstätige CHF 840 für ein Gerät, bzw. CHF 1650, falls zwei Geräte benötigt
werden. Die AHV, welche für die Rentner zuständig ist, bezahlt nur für ein
Gerät und zwar nur CHF 630. Die Beträge reichen natürlich überhaupt nicht für
die Anschaffung eines geeigneten Gerätes. Gemäss einer Evaluationsstudie des IGES Institutes
müssen denn auch praktisch alle Hörgeräte-Käufer Zuzahlungen leisten. Bei mehr
als der Hälfte betrug diese Eigenleistung über CHF 3‘000.
Was
dies zum Beispiel für die 35% der alleinstehenden Rentnerinnen und Rentner
bedeutet, deren monatliches Einkommen weniger als CHF 2‘500 beträgt, kann man
sich vorstellen. Dafür wurden bei AHV/IV
rund CHF 30 Mio eingespart.
Diskriminierung der Rentner. Wir
gesagt, erhalten Hörgeschädigte im Rentenalter tiefere Beiträge und nur für ein
Hörgerät. Das ist nun völlig unverständlich. Gemäss Tagesanzeiger begründet das Bundesamt für Sozialversicherungen
diese Benachteiligung damit, dass es einfacher sei, älteren Menschen den
Kontakt mit der Umwelt zu ermöglichen, als die Erwerbstätigkeit (durch die
IV-Beiträge) wieder herzustellen. High-Tech-Stereo also, um an Sitzungen die Anweisungen
de Chefs genau zu verstehen – Hörrohr Niveau im Mono-Sound für die
Diskussionsrunde mit pensionierten Kollegen im Restaurant. Dabei geht es doch
bei Jung und Alt um eine präzise Kommunikation mit der Umwelt und um die Sicherheit
in heiklen Verkehrssituationen. Vom Musikgenuss ganz zu schweigen. Hier sollen
die Alten sich wohl mit den Paukenschlägen und der Techno-Musik zufrieden
geben!
[Wobei
ja auch Schlagzeuger und Perkussionisten faszinierende Musik machen, voller
Finessen und Feinheiten. Hören Sie selbst: Pierre
Favre.]
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